Aus Anlass des 20. Jahrestages der Wiedervereinigung führte der LK PW (3. Sem.) drei Frage- und Diskussionsrunden mit Zeitzeugen aus verschiedenen politischen Richtungen (die Linke , CDU, FAZ-Redakteurin). Alle Diskussionspartner hatten die friedliche Revolution auf der Ostseite der Mauer erlebt.
Am 1.9. haben wir als PW- LK den Bundestag besucht und hatten dort einen Gesprächstermin mit der Bundestagsabgeordneten Fr. Dr. Dagmar Enkelmann (Fraktion Die Linke).
Nach einem mäßig- spannenden Einleitungsvortrag im Plenarsaal, der sich mit allgemeinen Fakten zur Geschichte und Architektur des Reichstages aufhielt begaben wir uns in ein Besprechungszimmer, um auf Fr. Enkelmann zu warten. Diese erschien pünktlich in Begleitung ihres Pressereferenten und überraschte uns mit ihrem unkonventionellen Auftreten, das sich aus ihrer roten Lederjacke in Verbindung mit den blondierten Haaren und der sympathisch- lockeren Art speiste. Sie begrüßte uns herzlich und ging wie erwartet freundlich und routiniert auf unsere Fragen ein. Am Anfang drehte sich das Gespräch vor allem um die Wiedervereinigung und das Leben in der DDR. Fr. Enkelmann, die 1977 in die SED eingetreten war und u.a. Lehrerin für Geschichte in der SED- Kaderschmiede „Jugendhochschule Bogensee“ gewesen ist, versuchte, ihre Rolle im Regime positiv darzustellen.
Sie präsentierte sich als Sympathisantin mit der Bürgerbewegung und kritisierte die damaligen Verhältnisse. Daher habe sie sich damals auch über den Mauerfall und die friedliche Revolution gefreut. Etwas fadenscheinig wirkten ihre Ausführungen, als das Thema auf die Stasi- Überwachung kam, wo sie behauptete, vollkommen ahnungslos von den Überwachungsmethoden gewesen zu sein.
Im Laufe des Gespräches nahm die Abgeordnete dann aber spürbar Fahrt auf, da unsere Fragen durchaus kritisch gestellt waren. Eine Frage, ob die DDR ein Unrechtsstaat gewesen sei, beantwortete sie ausweichend mit dem Hinweis, dass 90% der Gerichtsverfahren rechtsstaatlich gewesen seien, und wollte auch auf Nachfragen nicht direkt eingehen. Zögernd antwortete sie auch, als wir sie mit einer früheren Aussage konfrontierten, die Demokratie sei ‚nicht das Nonplusultra’.
Sie entgegnete, damit sei gemeint gewesen, dass die Demokratie immer noch zu verbessern sei (mehr direkte Demokratie) und bekannte sich ausdrücklich zur Demokratie (‚alternativlos’).
Frau Enkelmann betonte, dass sie vor 20 Jahren in der Volkskammer gegen die Wiedervereinigung gestimmt habe und dies auch heute wieder tun würde. Sie lehne zwar die Wiedervereinigung im Ganzen nicht ab, habe damals aber zahlreiche Kritikpunkte am Einigungsvertrag gesehen, die sich auch heute noch negativ auswirken würden (Treuhandregelungen).
Zum Abschluss des Gesprächs kamen auch noch einigen Fragen zum Zustand der Linkspartei. Auf die Frage, warum ihre Partei nicht wie SPD und Grüne von dem Absinken der Regierungsparteien in den Umfragen profitieren können, musste die Politikerin zugeben, dass ihre Partei in den letzten Monaten Fehler gemacht habe (Diskussion über Klaus Ernst, etc.).
Zum Ende des Treffens lobte uns Fr. Enkelmann für unsere gründliche Recherche zu ihrer Person und ihren Positionen und freute sich auch über die mitgebrachte rote Blume („keine Nelke“) als Präsent, ehe sie zum nächsten Termin entschwand.
Auf ihrer Internetseite sprach Fr. Enkelmann später, wahrscheinlich in Person ihres Pressereferenten, von ‚eine[r] intensive[n] Debatte über 20 Jahre Einheit, das Leben in der DDR und linke Politik’ und endete mit dem typischen Schüler- Aufsatz- Zitat ‚Da verging die vorgesehene eine Stunde wie im Fluge’. Dem bleibt wohl nichts hinzuzufügen.
David St.